Fassadenputz auf Leichtziegelmauerwerk
Mauerwerksbedingte Risse
Über Putzschäden in Verbindung mit Leichtziegelmauerwerk wurde in den letzten Jahren des Öfteren sowohl in der Bauschäden-Sammlung als auch in anderen Fachartikeln berichtet . Nach Meinung des Autors liegt die Ursache dieser Schäden im wesentlichen in der Anisotropie des porosierten Leichthochlochziegels. Die deutlich unterschiedlichen Festigkeiten in Belastungsrichtung der Steine und quer dazu verlangen besondere Beachtung beim Verputzen.
Sachverhalt
Die Aussenwände des aus Erdgeschoss und ausgebautem Dachgeschoss bestehenden Einfamilienhauses wurden aus 36,5 cm dicken Leichthochlochziegeln (Rohdichte 0,9 kg/dm3, Stossfugenverzahnung) mit Leichtmauermörtel LM 36 aufgemauert und mit Leichtmörtel verputzt. Der Rohbau war im April 1995 fertig und die Putzarbeiten im September 1995.
Im Juni 1997 - also rund zwei Jahre später - wurden Putzrisse festgestellt, die Architekt und Bauherr im Dezember bei allen vier Wänden genau vermessen und auf einem Plan eingezeichnet haben. In Abb. 1 sind die Süd- und Ostfassade abgebildet. Die meisten Risse sind auf der stark gegliederten Südfassade zu erkennen.
Auf der Ost-Giebelwand sind nur die Eckbereiche betroffen, während die grösseren, zusammenhängenden Mauerflächen rissfrei sind. Analog sind die Verhältnisse bei den beiden anderen Wänden (mehr Risse auf der Trauf- als auf der Giebelseite). Die Rissbreite beträgt mehrheitlich 0,1 mm, in wenigen Fällen wurden 0,3 mm und einmal 0,6 mm gemessen. Der Aussenputz besteht aus einem Leichtunterputz (Werktrockenmörtel) und einem eingefärbten Oberputz (Münchner Rauhputz), ebenfalls Werktrockenmörtel. Der Unterputz ist aussergewöhnlich dick (ca. 35 mm)
Ursachen
Leichtziegel wurden durch entsprechende Porosierung und Lochung auf hohe Wärmedä¤mmung optimiert bei ausreichender Druckfestigkeit bei senkrechter Belastung, die im vermauerten Zustand für eine tragende Außenwand notwendig ist. Quer zu dieser Belastungsrichtung sind aber die Druckfestigkeit und die Zugfestigkeit wesentlich geringer, d. h. die Steine sind anisotrop. Wände aus diesen Steinen sind empfindlich gegenüber Querkräften, sowohl in Horizontalrichtung in der Wandfläche als auch senkrecht dazu. Die Querdruckfestigkeit in Längsrichtung beträgt bei porosierten Leichtziegeln im Mittel nur 20 % der Normaldruckfestigkeit. Hinzu kommt, dass der Leichtmauermörtel zusätzlich noch eine grössere Verformbarkeit ermöglicht (kleinerer Querdehnungsmodul als bei Normalmörtel).
Bei einer belasteten, nicht durch Fenster unterbrochenen Wand stellt sich eine gleichmässige Druckverteilung ein. Diese wird aber z. B. durch Fensteröffnungen beeinflusst: Durch den Fenstersturz werden die Kräfte auf die Wandbereiche seitlich der Fenster konzentriert und im Bereich der Fensterbrüstung gibt es wieder eine Kraftumlenkung. Dadurch entstehen Querkräfte in der Ebene der Wandfläche. Aber auch senkrecht zur Wandfläche entstehen Querkräfte, wenn die auf den Wänden exzentrisch aufliegende Betondecke beim Trocknen schwindet. Wenn die dadurch entstehenden Kräfte von der Wand nicht aufgenommen werden können, entstehen Risse.
Nun zum konkreten Fall (Abb. 1): Im Mittelbereich der Giebelwand, die nur durch drei Fenster unterbrochen ist, sind keine Risse aufgetreten. Dem "Schwindzug der Decke" hat die Wand wegen der Auflast des Giebels standgehalten. Nur in den Eckbereichen, in denen die Auflast kleiner ist, sind Risse im Mauerwerk entstanden. An einer geöffneten Wandstelle wurden im Mauerwerk breitere Risse als im Aussenputz festgestellt. Die horizontale Ausrichtung dieser Risse ist z.T. durch das Schwinden der Decke zu erklären und macht es auch verständlich, dass die Risse erst nach etwa zwei Jahren im Verlauf der Trocknung in Erscheinung getreten sind.
Die mehr senkrecht ausgebildeten Risse in Abb. 1, meist in Verbindung mit Fensteröffnungen, gehen auf die oben erwähnten Querkräfte in der Wandebene zurück bzw. auf Scherkräfte zwischen den belasteten Wandflächen und den unbelasteten unterhalb der Fenster. Die Mauerrisse müssen keine Putzrisse zur Folge haben, wenn der Putz eine gewisse "Entkopplungsfähigkeit" hat.
Der Vorteil von Wärmedämmputzen oder Wärmedämmverbundsystemen besteht darin, dass sie aufgrund einer "schubweichen" Zwischenschicht zwischen Mauerwerk und Oberputz Verformungen oder Risse im Mauerwerk schadlos ausgleichen können. Auch Leichtputze haben in geringerem Masse, aber doch in der Regel ausreichend, diese Entkopplungswirkung. Zwar ist der hier verwendete Aussenputz ein Leichtputz mit Styroporzusatz, aber viel zu hart. Die Härte entspricht nach Messungen an einer entnommenen Probe etwa der eines normalen P II - Putzes
Zusammenfassend: Der Schaden ist auf die geringe Querschubfestigkeit des Mauerwerks in Verbindung mit einem ungeeigneten, zu harten Aussenputz zurückzuführen.
Sanierung
Aufgrund der Entstehungsursache ist davon auszugehen, dass die Rissbildung nach endgültiger Trocknung zu einem gewissen Abschluss kommt. Dies kann durch Aufbringen von Gipsmarken kontrolliert werden. Geringe Formänderungen werden aber bei den einmal vorhandenen Rissen auch weiterhin auftreten, die jedoch durch eine ausgleichende Putzschicht überdeckt werden können. Die Sanierung kann somit nach Aufbringen eines imprägnierenden Haftanstriches in einer 6 bis 8 mm dicken Grundbeschichtung bestehen, die im äusseren Bereich durch eine Gewebearmierung verstärkt wird. Darauf folgen ein Anstrich oder eine Strukturschicht zur optischen Gestaltung.
Stellungnahme
Vor Jahrzehnten gab es bei Ziegelwänden überhaupt keine Putzprobleme. Das Material schwindet nicht und die Kapillarstruktur des Ziegels gewährleistet einerseits eine gute Putzhaftung und andererseits einen Wasserrücktransport in der Trocknungsphase des Putzes, wodurch dieser ausreichend feucht gehalten und so die Erhärtung positiv beeinflusst wird. Die Ziegelhersteller wollen es daher verständlicherweise nicht wahrhaben, dass neuerdings der Ziegel der Hauptverursacher von Putzschäden sein soll. Nach wie vor schwindet der Ziegel nicht und die Putzhaftung ist gut. Aber das grössere Steinformat, die in Verbindung mit Leichtmauermörtel gegebene "Beweglichkeit" und die geringe Querfestigkeit sind Fakten, wodurch sich das moderne Ziegelmauerwerk vom altbewährten Mauerwerk früherer Zeiten unterscheidet. In Abb. 2 sind die grundsätzlichen Unterschiede des alten, "stabilen" Mauerwerks aus kleinformatigen Steinen mit ähnlichen Festigkeiten und Wärmeleitfähigkeiten von Stein und Mauermörtel und des heutigen Mauerwerks aus grossformatigen Leichtbausteinen schematisch dargestellt. Im letztgenannten Fall ist unter "beweglichem" Putzgrund zu verstehen, dass infolge Schwindens bei zementgebundenen Blocksteinen oder infolge der erläuterten geringeren Querfestigkeit bei Leichtziegelblöcken Formänderungen bzw. Spannungen vom Putzgrund herauf das Putzsystem einwirken können.
Mit diesen Problemen mussten sich vor Jahrzehnten schon die Hersteller von grossformatigen Poren- und Leichtbetonsteinen auseinandersetzen, bis sie erkannt haben, dass sie spezielle Putze für ihr Material anbieten müssen. Das gleiche wird den Ziegelherstellern nicht erspart bleiben. Das heutige Mauerwerk aus grossformatigen, wärmedämmenden Blocksteinen, das z.T. nur mit Klebemörtel oder ohne Stossfugenvermörtelung errichtet wird, erfordert auf den jeweiligen Putzgrund abgestimmte Putzsysteme. Die aus dem Jahr 1985 stammende Putznorm ist veraltet und gibt hierzu keine Hinweise. Es ist deshalb Aufgabe der Steinhersteller in Verbindung mit der Mörtelindustrie entsprechende Richtlinien zu erarbeiten mit differenzierten Angaben zu den jeweils geeigneten Aussenputzen.
Helmut Künzel
Literatur
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Pfefferkorn, W.: Außenwände aus Leichthochlochziegeln: Stein-Putz-Risse. DAB 1996, H. 1, S. 103-104; Bauschäden-Sammlung Band 11, S. 84 ff., Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart, 1997.
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[2]
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Schubert, P.: Putzrisse durch Leichtziegelmauerwerk? DAB 1996, H. 5, S. 892-895.
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[3]
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Künzel, H.: Die Entwicklung des Wärmeschutzes von Ziegelmauerwerk und Auswirkungen auf die Putztechnologie. ibausil, 13. Internationale Baustofftagung, Tagungsbericht - Band 2, S. 2-0641 bis 2-0651.
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[4]
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Schubert, P.: Eigenschaftswerte von Mauerwerk, Mauersteinen und Mauermörtel. Mauerwerk-Kalender (1997).
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[5]
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Pfefferkorn, W.: Außenmauerwerk mit Leichtziegeln - Rißbildung durch Stahlbeton-Ringgurt. DAB 1984, H. 11, S. 1500. Bauschäden-Sammlung Band 6, S. 70 ff., Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart, 2. Aufl. 1993.
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