Sachverst3

Dipl. Ing. FH  Richard Geiger freier Architekt
von der HWK für Schwaben öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das
Maurer-, Beton- und Stahlbeton, Kälte-, Wärme- und Schallschutzisoliererhandwerk

mail: rg@arch-geiger.de

Heizen und Lüften 

Vermeidung von Schimmelschäden

Nachdem Schimmelschäden aufgetreten sind, entspannt sich die Diskussion häufig  um die Frage sind Baumängel ("Wärmebrücken") oder falsches  Lüftungsverhalten die Ursache. Immer wieder erhalte ich sinngemäss  folgende Auskunft:

  • "Wir lüften morgens und abends, mehr lüften können wir nicht, schliesslich sind wir berufstätig."

Feuchtigkeitsmessungen ergeben dabei oft Werte von 60 -75 % relativer Luftfeuchtigkeit.  Während des Lüftens fällt die  relative Luftfeuchtigkeit, danach steigt  sie aber wieder rasch an.

Eichler teilt relative Luftfeuchte in Räumen wie folgt ein:

 

Aus vorstehenden Kurven lässt sich der Wassergehalt von Luft (g/m³)  ablesen. Luft mit 20 °C kann max. 17,3 g/m³ (> rel. Luftfeuchte =  100%) aufnehmen, beträgt die Lufttemperatur nur 0° C so kann nur max.  4.8 g/m³ aufgenommen werden. Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 % beträgt die Wassermenge bei 20 °C 8,65 g/m³ und bei 0°C 2,4 g/m³.

Beispiel:
In einem Schlafzimmer von 20 m² und einer Raumhöhe von 2,5 m beträgt die  Wassermenge bei 20 ° C und 50 % relativer Feuchte =50 m³ Volumen * 8,65 g/m³ = 432g!
Ein Mensch verdunstet im Schlaf pro Nacht ca. 250 - 300 g Feuchtigkeit, d. h. in einem Schlafzimmer mit 2 Personen  entstehen rd. 500 g Wasser "über Nacht". Wäre der Raum hermetisch  abgeschlossen (kein Luftaustausch zu anderen Räumen oder ins Freie) und  wären keine Materialien wie Putz, Bodenbeläge und Möbel (auch Bettzeug)  da, welche Feuchtigkeit aufnehmen würden, so wäre bald eine  Luftfeuchtigkeit von 100 % erreicht. Befinden sich noch Pflanzen im Raum (1 Topfpflanze "liefert" 7-15 g/h) oder sind die Zimmertüren offen, so  dass feuchte, warme Luft vom Bad oder von der Küche ins Schlafzimmer  gelangen kann, so ist bald eine hohe Luftfeuchtigkeit erreicht. 

Bei gut schliessenden Fenstern und Türen beträgt der Luftwechsel 0,1 bis 0,3 (Anm. Luftwechsel 1 h-1 bedeutet, die Raumluft wird pro Stunde 1 mal komplett ausgewechselt). Für Wohn- und Schlafräume ist ein Luftwechsel von 0,8  h-1  nötig. Bei dichten Fenstern ist somit zwangläufig zusätzliches Lüften nötig. Lüftet man durch Öffnen eines Fensters, so ergibt sich nach Künzel ein Luftwechsel von 9 - 15 h-1  (z. B. Fenster nur gekippt 0,8 - 4,0 h-1 ). Wird das Fenster 5 Minuten ganz geöffnet, so ergibt sich daraus ein  Luftwechsel von 0,75 bis 1,25 c (9 /12 bzw. 15 /12). Durch solches  Lüften wird in etwa die Luft komplett ausgetauscht. Winterliche Luft mit z. B. 0 °C und 50 % relativer Feuchte (2,4 g/m³) wird dann auf 20 °C im Raum erwärmt, sodass diese erneuerte Luft dann eine relative  Luftfeuchtigkeit von (theoretisch) rd. 13 % hätte (2,4 /17,3 *100 in %). 

Es nimmt jedoch nicht nur die Luft, sondern auch die Bauteile und das Inventar Feuchtigkeit auf. Nach Künzel kann die Feuchtigkeitsaufnahme von Wänden (Putz mit und ohne Tapete)  und Böden (Naturfasern) in Abhängigkeit der Zeit wie in nachstehender  Grafik abgeschätzt werden:

Feuchtigkeitsaufnahme von verschiedenen Stoffen aus der Luft im Verlauf von 3 Stunden bei  Erhöhung der relativen Luftfeuchtigkeit von 40 % auf 80 %. Zum  Vergleich: Zunahme der absoluten Feuchte von 1 m³ Luft bei Erhöhung der  Luftfeuchte von 40 % auf 80 %: 7 g

Woher kommt die Feuchtigkeit, Beispiel aus Oxley + Gobert Feuchtigkeit in Gebäuden:

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Erhorn und Gertis teilen Wohnräume nach Feuchtigkeitsanfall und Lüftungsbedarf wie folgt ein:

Beispielhafte Messung der Luftfeuchte (grüne Linie) und Temperatur (rote Linie) über 3 Wochen im Januar 02 in einem Schlafzimmer in welchem Schimmel aufgetreten ist.

Es ist anhand des Diagramms deutlich zu erkennen, dass die  Luftfeuchtigkeit nach dem Lüften sehr rasch wieder ansteigt. Es wurde  von den Bewohnern nach dem Aufstehen eine Stosslüftung vorgenommen  (Fenster für ca. 5 Minuten ganz geöffnet). Die Luftfeuchte ging dann auf unter 50 % relativer Feuchte zurück, stieg aber bald wieder über 60 und mehr Prozent an. Zu bedenken ist dabei, dass die relative  Luftfeuchtigkeit bereits tagsüber anstieg, obwohl das Schlafzimmer nicht benutzt wurde. Zu Beginn vorstehender Aufzeichnungen habe ich die  Bewohner mit einem Datenlogger auf die falsche Gewohnheit aufmerksam  gemacht, Zimmertüren immer offen zu lassen. Hierdurch strömte die  wärmere Luft z. B. aus Küche und Wohnzimmer in die Schlafräume (Kind und Eltern). Je wärmer die Luft, umso mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Kühlt diese Luft ab, steigt die relative Luftfeuchtigkeit.

Feuchtigkeit wird nicht nur von der Luft, sondern auch von Baustoffen, Mobiliar etc. aufgenommen. Aus richtiges Heizen und Lüften von Dr.-Ing. Künzel  beispielhafte Berechnung der Feuchtigkeitsaufnahme von Luft und "Raumumfeld".

Wird nun durch Stosslüften, wie in obigen Diagramm dargestellt, die feuchte,  warme Luft durch kalte, trockene Luft ersetzt, erwärmt sich diese Luft,  die relative Luftfeuchtigkeit fällt gleichzeitig. Dadurch kann die in  den Wänden, Teppich etc. enthaltene Feuchtigkeit teils von der Luft  aufgenommen werden. Die relative Luftfeuchtigkeit steigt wieder an,  obwohl z. B. in Schlafräumen sich tagsüber niemand befindet. Nachts  kommt ein "Nachschub" an Feuchtigkeit durch die Schlafenden bzw. von  anderen Räumen, wenn die Türen offen bleiben.

Fazit:

  • Bei den heute üblichen dichten Fenstern und Türen wird ein Luftwechsel von 0,1 - 0,3 h-1 erreicht, nötig wären 0,6 - 0,8 h-1  (Austausch 60 - 80% der Raumluft pro Stunde) 
  • Eine Stosslüftung von 5 Minuten (Fenster ganz offen) bringt etwa einen Luftwechsel von 0,75 - 1,25 h-1. Einmal Lüften pro Tag reicht nicht aus, wenn dichte Fenster vorhanden sind. 
  • Luftfeuchte mit einem Hygrometer prüfen. In kalter Jahreszeit sollte die Luftfeuchte nicht über 50 % ansteigen. 
  • Die sich durch höhere Luftfeuchtigkeit in den Wänden und Mobiliar  angesammelte Feuchtigkeit (eventuell auch Baufeuchtigkeit bei Neubauten) muss abgelüftet werden. Bei dichten Fenstern und Türen muss mehrmals durch Stosslüftung gelüftet werden, oder man lüftet über längere Zeit mit einer "Spaltlüftung".
  • Kühlere Räume (wie Schlafräume) nicht mit offenen Türen im Verbund mit den anderen Räumen halten.
  • Die Räume sollten, selbst wenn in der Wohnung niemand anwesend ist (z. B.  Berufstätige), nie auskühlen. Abstellen oder starke Absenkung der  Heizung ist falsch und spart auch keine Energie. Die Energie wird wieder zum Aufheizen benötigt. 
  • Bei der Feuchtigkeit in Räumen ist es wie bei zu viel Pfunden. Zunehmen  geht schleichend, abnehmen ist mühsam. Die zu hohe Feuchtigkeit in  Räumen (Luft und Wände, Decken, Bodenbelägen sowie Möbel etc.)  muss dann Lüftung für Lüftung "entsorgt" werden. Zur Erinnerung, bei  obigen Beispiel steckt das 2 1/2 der Luftfeuchtigkeit in Putzflächen,  Möbeln etc.


aus richtiges Heizen und Lüften Dr.-Ing. Künzel

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